2. November 2024 - 9:02
... und es flossen viele Tränen als Firma Johannsmann damals mit allen verfügbaren Transportern an den Stallungen der Bremer Rennbahn vorfuhr und klar war, jetzt heißt es wirklich Abschied nehmen.
Der gemeinsame Traum, Vater und Sohn zusammen auf einer privaten Trainingsanlage, konnte durch den frühen Tod von Adolf Wöhler nicht verwirklicht werden aber er war nicht vergessen und so wollte es der Trainer eben alleine stemmen. Bis sich die Möglichkeit auftat, Gestüt Ravensberg von Familie Delius zu pachten, mussten allerdings viele Frösche geküsst werden und die Suche zog sich fast zwei Jahre hin. Abgesehen davon, dass die Ablösesumme für Equipment und Investitionen schon sehr stolz war, musste auch sonst noch einiges repariert und gestaltet werden, der überdachte Trabring wurde sogar komplett neu errichtet. Das alles wäre finanziell für uns nicht zu realisieren gewesen und so wurde die Stiftung Gestüt Fährhof, sowie Dr. Andreas Jacobs mit ins Boot geholt. Auch wenn das natürlich kein Geschenk war, wäre es ohne die Hilfe der Stiftung und Dr. Jacobs nicht möglich gewesen, Ravensberg zu übernehmen und dafür gilt ihnen unser Dank.
Am 31.10.2004 wurde in Bremen mit Polish Magic der letzte Sieger vor Ort gesattelt. Wie ein Ausrufezeichen in Besitz von Hubertus Großkreutz, von Beginn an ein enger Freund und loyaler Unterstützer der Familie Wöhler. Am nächsten Tag war es dann Zeit, das Vertraute hinter sich zu lassen. Nicht nur, dass man nach 32 Jahren mit Bremen einfach sehr verwurzelt war, es blieben auch einige langjährige Mitarbeiter zurück, die schon längst mehr Freund als Angestellter waren aber aus familiären Gründen nicht mit nach Ostwestfalen wechseln wollten.
Der Umzug am 01. November war generalstabsmäßig geplant. Bereits Wochen vorher wurde jedes einzelne Teil, das sich im Laufe der Jahrzehnte angesammelt hatte, in die Hand genommen und entweder entsorgt oder für den Umzug bereit gelegt. Vieles fand dann schon den Weg nach Gütersloh und nur das Nötigste blieb bis zum Schluss. Am Tag der Abreise wurde für jedes Pferd ein beschriftetes Paket mit dessen persönlichen Sachen wie Decken, Putzbeutel etc geschnürt und vor dem Transporter platziert, in dem es die Reise antreten sollte. Wie am Fließband wurden alle Pferde verladen und danach ging es im Konvoi Richtung Ravensberg. Ein Teil der Mannschaft war bereits vor Ort, nahm die Ankömmlinge in Empfang und verteilte sie in den schon vorher ausgewählten Boxen. Auch wenn einiges erleichtert wurde da wir Personal von Peter Rau übernommen hatten, welches natürlich über Erfahrung mit den Gegebenheiten verfügte, war es anfangs schon sehr abenteuerlich. Als Mieter von Boxen auf einer Rennbahn wechselt man vielleicht gerade mal die Glühbirnen selber aus aber plötzlich ist man für zig Stallgebäude, Mitarbeiterwohnungen, Pflege von Sand- und Grasbahn, die Instandhaltung eines Fuhrparks, Koppeln, die eigene Wasserversorgung und 30 Hektar Land verantwortlich. Bereits im Sommer 2004 hatten wir noch zusätzlichen Grund gepachtet um der Grasbahn die Größe zu verpassen, die dem Trainer vorschwebte und bei dieser Gelegenheit lernte man auch schon einige der Nachbarsbauern kennen. In den ersten Jahren war der große Erfahrungsschatz von Alfons Große-Witteler, genannt Don Alfonso, unverzichtbar und heute sind es Norbert Becker und Michael Schalück, die immer einen guten Tipp für die Grünpflege haben, bei der Umsetzung eines Projekts helfen oder genau über die Maschine verfügen, die gerade benötigt wird. Nach vielen Jahren des learning by doing, ist der Trainer mittlerweile ein echter Profi, bedient jede Maschine, gibt keine Ruhe bis alles so ist, wie er es sich vorstellt oder die Sache zu Ende gebracht hat und das werden dann schnell auch 14Std.-Tage. Noch heute sind wir manchmal direkt fassungslos, mit welcher Naivität wir dieses Unterfangen begonnen haben.
Aber nicht nur menschlich ging alles schnell einen guten Weg, auch sportlich gesehen, waren die letzten 20 Jahre eine sehr schöne und inspirierende Zeit mit vielen tollen Pferden. Drei Derbys, fünf Siege in der Diana, die King George VI and Queen Elizabeth Stakes und der Melbourne Cup, um nur einige Highlights zu nennen, zeugen von den guten Trainingsbedingungen und waren Lohn für die ungezählten Stunden, die man neben all der anderen Arbeit, in die Pflege der Anlage investierte. Auch die kleine Zuchtabteilung mit Stuten der Familie Delius und dem Rennstall Wöhler agierten durchaus erfolgreich, immerhin konnten mit Waldpark und Isfahan zwei Derby-Sieger gestellt werden.
Gestüt Ravensberg, die zwar schon etwas ältere aber immer noch sehr schöne Lady, ist uns sehr ans Herz gewachsen und auch wenn es stets irgendetwas zu reparieren oder zu ersetzen gibt, macht uns das abwechslungsreiche Leben mit den Pferden, Menschen und der Natur immer noch viel Freude. Diese zwei Jahrzehnte hier auf dem Hof mit all den schönen aber leider auch tragischen Momenten in einen Text auf diese Seite packen, würde den Rahmen sprengen aber als Fazit kann man sagen - nach Ravensberg zu gehen war die beste Entscheidung.
Mit 82 Jahren wird der Trainer wahrscheinlich keine Lottafeln mehr stecken und so können wir auch nicht sagen, auf die nächsten 20 Jahre aber ein paar mehr sollen es schon noch werden und wir möchten uns an dieser Stelle bei allen Mitarbeitern, Besitzern und Helfern bedanken, die die letzten zwei Jahrzehnte auf Ravensberg mitgestaltet haben und uns auch in den nächsten Jahren noch begleiten.
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Waldpark mit Jozef Bojko Derby 2011 Foto Rühl | Isfahan mit Dario Vargiu Derby 2016 Foto Rühl |
Laccario mit Eddie Pedroza Derby 2019 galoppfoto.de | Feodora mit Mirco Demuro Diana 2014 galoppfoto.de |
Turfdonna mit Eddie Pedroza Diana 2015 Foto Dr. J. Fuchs | Serienholde mit Eddie Pedroza 2016 Foto Dr. J. Fuchs |
Palmas mit Eddie Pedroza Diana 2021 Foto Rühl | Toskana Belle mit Kerrin McEvoy Diana 2022 Foto Dr. J. Fuchs |
Novellist mit Johnny Murtagh in den King George 2013 galoppfoto.de | Protectionist mit Ryan Moore Melbourne Cup 2014 Foto Victoria Racing |
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