4. Juli 2022 - 20:26
Zwei Highlights gab es während der Derby-Woche aber ansonsten blieben einige der Aspiranten unter ihren Möglichkeiten und es gab in den vergangenen Jahren schon heitere Heimfahrten.
Die Schweizer Flagge konnte am Mittwoch noch nicht gehisst werden. Dass bei Sarazena noch eine Ecke fehlt, war von Vornherein klar aber auf dieses Laufen kann man aufbauen. Fleur de Joie verkaufte sich jetzt nicht ganz so schlecht aber etwas mehr hatten wir schon erwartet. Man muss ihr allerdings auch zugute halten, dass es erst der zweite Lebensstart war und es ihr ganz offensichtlich – gerade im Endkampf – noch an Routine mangelt.
Nachdem es in der Nacht von Donnerstag auf Freitag ordentlich anfing zu regnen, hatte Shadow Anpak den Boden, den er auf jeden Fall lieber mag als Betonpiste. Nachdem keiner so recht gehen wollte, übernahm Eddie Pedroza die Regie und das sah auch alles sehr lange sehr gut aus aber kurz vor der Linie verließen den Schimmel dann doch etwas die Kräfte und er wurde kurz vor der Linie noch von zwei Kollegen gestellt. Die Führungsarbeit auf der weichen Bahn nach gut zweieinhalb Monaten Pause hatte ihren Preis.
Und wie es immer so ist, allen Pferden an einem Tag kann man es meistens nicht recht machen - im Gegensatz zu Shadow Anpak mag Waldersee überhaupt keine weiche Bahn und mit jedem Regentropfen sahen wir seine Chancen schwinden. Wie es dann auch leider kommen sollte. Der Hengst buddelte sich förmlich ein und blieb weit unter seinen Möglichkeiten. Nimmt man den Begriff „Sternstunde“ wörtlich, müssen wir im Rennsport von einer „Sternsekunde“ sprechen und die hatte definitiv Jozef Bojko in dieser Prüfung als er Danelo nach Erreichen der Geraden blitzschnell nach innen zog, einige Meter sparte und dem Hengst, ungestört vom restlichen Geschehen, einen wirklich schönen Sieg bescherte. Als wir nach seinem Start in Iffezheim schrieben, Danelo würde sicherlich in diese Klasse hineinwachsen, dachten wir eigentlich erstmal an einen Sieg auf Listenebene aber nun ist es gleich ein Gruppe-Sieg geworden. Ganz so stark war die Prüfung zwar nicht besetzt, schmälern soll das seinen Erfolg aber auf keinen Fall.
Manche können von hinten, von vorne, schnell oder langsam aber die meisten brauchen dann doch schon eine gewisse Taktik um zum Erfolg zu kommen und diese Pferde können ihre Reiter schon in eine richtige Zwickmühle bringen, was die Umsetzung der Order anbelangt. Panjari wird vielleicht irgendwann mal ein Pferd werden, das man auch von vorne bringen kann aber im Moment würde der Hektiker lediglich ablaufen wie ein Uhr. Also verstecken und abwarten aber dafür bedarf es auch eines gewissen Grundtempos und das gab es am Freitag nicht. Es war das, was der Trainer immer als „richtiges Kackrennen“ bezeichnet – alle saßen auf der Bremse, keiner wollte gehen und jeder Hund hätte das Feld bis mindestens Ende Gegenseite abhängen können. Eddie startete zwar noch eine Aufholjagd aber der Sieger war bereits über alle Berge.
Ezio zeigte leider keine große Verbesserung und hat heute Ravensberg Richtung Heimat verlassen.
Russian Candy zeigte sich trotz täglicher Übung vor der Maschine sehr unwirsch und legte sich mit Eddie auch noch kurzzeitig ins Gras, wofür wir sogar ein gewisses Verständnis aufbringen aber nicht für ihre sehr uninspirierte Haltung im Rennen. Jetzt tritt sie das nächste Mal mit Scheuklappen an und dann sehen wir weiter.
Ein zweiter Platz kann eine Niederlage sein oder eben auch ein Ehrenplatz und Northern Rulers zweiter Platz hinter dem Arc-Sieger Torquator Tasso war definitiv zweiteres und auch das weitere Highlight nach Danelo's Sieg. Vielleicht noch etwas speckig aber der Hengst sah im Führring trotzdem einfach bestechend aus. Dass sich Torquator Tasso anders präsentieren wird als bei seinem Jahresdebüt lag auf der Hand und so konnte es für seine Mitstreiter in dieser Prüfung eigentlich nur um die Plätze gehen. Wenn alles nach Plan läuft, sehen wir Northern Ruler in Berlin wieder.
Sah man früher in München Pferde auf der Graf-Lehndorff-Strasse traben, waren es die von Trainer Richard Staudte und das wäre genau Lacento's Welt gewesen. Sprich, für ihn war der Boden zu weich aber das spielt eigentlich auch keine Rolle. Der Wallach war so entspannt, dass er auf dem Weg zum Führring erstmal etwas grasen wollte, hatte Spaß im Rennen, zeigte Biss, brachte Geld mit nach Hause und alles ist gut.
Und nun noch der Sonntag. Dass Tex Lot nicht gleich von 0 auf 100 durchstarten kann war jedem klar, der die Stute kennt aber im Grunde genommen war es für sie schon beim Start gelaufen. Ihre Boxenklappe öffnete sich nur halb, sie konnte dadurch nicht zügig abspringen und kam danach nie richtig ins Rennen. Das hätten wir ihr anders gewünscht.
Mit Startbox 1 hatte Eddie die Weisung aus Conan, dem Güterszug, einen ICE zu machen um vorne gehen zu können. Das klappte leider nicht und der Hengst wirkte streckenweise auch sehr schwerfällig. Er rappelte sich zwar noch auf den vierten Platz aber wir hatten ihn schon weiter vorne gesehen.
Ja, und dann war es endlich soweit – 15.45Uhr das wichtigste Rennen der Saison, das Deutsche Derby. Übertragen in zig Länder, jeder, der wollte konnte live dabei sein. In diesem Fall live dabei sein wie sich der deutsche Rennsport bis auf die Knochen blamierte. Die Verantwortlichen vor Ort schienen sich zu keinem Zeitpunkt Gedanken darüber gemacht zu haben, dass die Führung der Rails vielleicht auch der voll genutzten Startmaschine angepasst werden müßte. Während die Pferde also 25 Minuten lang sonnige Runden hinter der Maschine drehten, mussten Starthelfer und sonstige Unterstützer die Rails an der Innen- und Außenseite umsetzen. Die Rennsportwelt sah dabei zu, wunderte sich wahrscheinlich über dieses mehr als peinliche Amateurschauspiel und hierzulande wird nicht bei wenigen Aktiven heftiges Fremdschämen eingesetzt haben.
Irgendwann war es dann aber wirklich soweit, dass die Pferde einrücken konnten. An der ersten Ecke gab es gleich ein Gemetzel, das für Bukhara leider Folgen hatte. Der Hengst konnte die Heimreise nicht mit antreten und steht aktuell in der Klinik in Bargteheide. Eine endgültige Diagnose wird es wohl erst morgen geben. Maraseem, für den eine komplett andere Taktik vorgesehen war, lief dann auch entsprechend enttäuschend und steht als Konsequenz jetzt auf der Transferliste. Was wir außerordentlich bedauern. Alessio musste zweimal die Spur wechseln und war zum Schluss schnellstes Pferd. Queroyal, dem es wie fast befürchtet zu weit wurde, schlug sich nicht weit geschlagen noch ganz wacker. Alles in allem kein Derby an das man sich länger erinnern möchte.
Nach über neun Stunden auf der Bahn dann das zwölfte und letzte Rennen des Meetings. Near The Moon hätte nicht besser aussehen und keinen besseren Eindruck hinterlassen können aber seiner Körperhaltung konnte man anmerken, dass ihn irgendwas zwickte und dem werden wir jetzt nachgehen.