Vorschau Düsseldorf 05. August 2018
Wer wenig Zeit hat, sollte gleich zum zweiten Absatz springen. Die anderen kriegen jetzt einen halben Roman zu lesen.
Denkt man an den Trainer als Trainer, fällt einem unweigerlich irgendwann Lomitas ein und er selbst denkt wohl öfter an ihn als man vermuten könnte. Aber der Hengst war nicht nur ein wichtiger Meilenstein in seiner Karriere, er mochte ihn einfach auch sehr als Charakter. So unternahm er in den Jahren danach einige Versuche, ein Produkt von ihm zu kaufen oder auch zusammen mit Simon Stokes ein Produkt zu züchten. Nach sehr langen, sehr zähen Verhandlungen mit Dr. Andreas Jacobs gelang es ihnen sogar, einen Sprung von Lomitas zu ergattern aber leider scheiterte die Sache daran, dass die extra dafür gepachtete Stute keinen Bock hatte Mutter zu werden. Im Februar 2015 tat sich dann die Möglichkeit auf, mit Night Party eine Nichte zu Lomitas auf einer Auktion zu ersteigern und so kam Rennstall Wöhler dann zu einer neuen Mutterstute. Wenn überhaupt, darf die Frau des Trainers vielleicht bei der Wahl seiner Krawatten beraten aber nicht bei der Wahl der Deckhengste und so war Night Party's erster Partner der neu aufgestellte Harbour Watch. Wie auch immer, das kleine Hengstfohlen geriet recht ansehnlich, vielleicht etwas arg schüchtern aber korrekt und alles war gut. Aber als Lacento dann im Juni 2016 nach Ravensberg umsiedelte, hatte man das Gefühl, irgendwas stimmt nicht mit ihm. Mit Menschen wollte er am liebsten gar nichts zu tun haben und später als Absetzer konnte man von Glück sagen, wenn er sich überhaupt mal berühren ließ. Andrea Kutsch, eigentlich schon auf dem Weg zurück in die USA, kam dann extra noch vorbei und sorgte in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit zumindest dafür, dass man ihm mal ein Halfter anlegen konnte. Als im Herbst dann die Jährlinge in den Rennstall einrückten, bekam unser ehemaliger Mitarbeiter Lubomir Talar den Spezialauftrag, sich nur um Lacento's Wohl zu kümmern. Aber die Aufgabe war schwierig und als seine Stallgefährten schon längst erste Galoppierversuche mit Reiter auf der Bahn absolvierten, hatte man bei Lacento noch nicht mal den Sattel drauf. Alles in allem war es eine sehr mühsame und manchmal direkt gefährliche Angelegenheit und machte irgendwann beiden Seiten keinen richtigen Spaß mehr. Zu dieser Zeit war gerade wie jedes Jahr Monty Roberts auf Fährhof um mit Simon Stokes dafür zu sorgen, dass die Jährlinge einen guten Start ins Leben haben. Den wollte der Trainer für Lacento auch und rief kurzerhand Simon an um zu fragen, ob wir unser Problemkind vorbeibringen könnten. Sagen wir mal so, nachdem man auf Fährhof zu diesem Zeitpunkt schon gefühlt 30 Jährlinge eingeritten hatte, ist dort keiner in Begeisterung ausgebrochen jetzt auch noch den 31igsten einzureiten und die Fährhofer hatten eigentlich noch gar nicht richtig zugesagt, da waren wir mit Lacento schon auf der Autobahn Richtung Norden. Was soll man sagen, Monty mag schon über achtzig sein aber er hat es immer noch drauf und nach zehn Tagen bekamen wir ein perfekt eingerittenes, freundliches und aufgeschlossenes Pferd zurück. Kitschig, aber es war fast wie ein Wunder. Lacento, der einen sonst nur mit dem Hintern angeschaut hatte, schrie förmlich nach Aufmerksamkeit, man konnte ihn streicheln, betüddeln und im Lot mitreiten als hätte er nie etwas anderes gemacht. Und am Sonntag wird er nun im Pattex-Rennen das erste Mal Seide tragen. Nachdem wir uns so lange so viele Sorgen um dieses Pferd gemacht haben, können wir noch gar nicht glauben, dass er jetzt auch wirklich Rennen läuft. Eddie Pedroza hat ihn dann und wann im Training geritten und gemeint, es hätte sich angefühlt wie auf Querari und auch der Trainer meint, Lacento hätte echtes Talent. Aber wie auch immer das so ist und wo auch immer er einkommt - der Hengst soll sich, wie wir alle, gerne an sein erstes Mal erinnern und dann sehen wir weiter.
Gut Ding braucht Weil und so werden wir Schritt für Schritt versuchen mit Dr. Christoph Berglars Lessing dahin zu kommen, wo wir ihn am Anfang seiner Karriere gesehen hatten und wir sind uns ziemlich sicher, dass sich der Novellist-Sohn im Somat-Rennen gegenüber Dresden verbessert vorstellen wird.
Wir hätten uns natürlich für Dr. Hans-Georg Stihl gefreut, hätte er seinen Chimney Rock im Derby gesehen aber wer weiß, für was es gut war. Der Start im Fritz Henkel Stiftung-Rennen hat ein bißchen was von einem Schuß ins Blaue denn letztendlich hat man doch nur seine beiden ersten Starts zur Orientierung. Nach seinem "unglücklichen Zusammenstoß" im Einlauf kann das Badener Grupperennen nicht als als Maßstab gelten. Gearbeitet hat er gut, aussehen könnte er nicht besser und so schauen wir, was er daraus macht.
Jaber Abdullah ist keiner, der gern das Geld mit vollen Händen zum Fenster rausschmeisst und Nachnennungen stehen ganz unten auf seiner Ausgabenliste. Dass er es aber nun doch für seine selbstgezogene Sand Zabeel auf Drängen des Trainers getan hat, wird diesem am Sonntag wahrscheinlich noch zusätzlich ein paar Schweißtropfen auf die Stirn treiben. Die Stute ist ja keine Schönheit aber selbstbewußt, willensstark und sie hat genug Talent. Betreut wird die Poet's Voice-Tochter von Lisa Krüllmann, die mit der Etzeanerin Felora im 160. Henkel-Preis der Diana - German Oaks gleich noch ein zweites Eisen im Feuer hat. Felora, die immer etwas zurückhaltend agiert, wird als Aussenseiterin ins Rennen gehen. Man hat lange überlegt, ob man sie aufbieten soll aber nun soll die Lord of England-Tochter ihre Chance kriegen. Der Weg ist jetzt zwar nicht kürzer wie vorab geplant aber sie wird das erste Mal zur besseren Fokussierung mit Seitenblender antreten. Die Dritte im Bunde ist Gestüt Wittekindshofs Sword Peinture, über die ihr Reiter Hendrik Johst sagt, dass sie manchmal einen Dickschädel wie ein Pony hat aber einem auf der Bahn stets das Gefühl gibt, sie würde wissen, was sie tut. Sword Peinture agierte in den letzten Wochen zu Hause so, dass sie für Sonntag einigen Anhang am Stall gefunden hat. Last but not least - eine vierte Anwärterin sehen wir mit der Fährhoferin Realeza und auch sie ist fest in weiblicher Hand. Realeza kann auf der Bahn eine echte Nervensäge sein aber Hana Hypsmanova hat einen guten Weg gefunden mit der immer so ehrgeizigen Stute, die nichts mehr liebt als den Wasserschlauch, auszukommen. Es ist keine leichte Aufgabe aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.