Storys
Der Dubai World Cup-Sieger Animal Kingdom
von Daniel Delius
Quelle: Turf-Times vom 04.04.2013
Es hat in den letzten Jahren im Dubai World Cup, dem höchstdotierten Pferderennen der Welt, so manchen sportlich fragwürdigen Sieger gegeben. Animal Kingdom zählt bestimmt nicht dazu. Der Fünfjährige, der in den Farben des vielköpfigen Syndikat Team Valor um den umtriebigen Barry Irwin läuft, ist in jeder Beziehung ein würdiger Sieger in diesem Spektakel, wohl aktuell das beste Pferd des Planeten über 2000 Meter. Auch wenn es vielleicht nicht der bestbesetzte World Cup war, doch war der Stil des Erfolges schon erstaunlich.
Es war sein erster Auftritt außerhalb der USA, wo er 2011 das Kentucky Derby (Gr. I) gewinnen konnte, vergangenen November Zweiter zum weltbesten Meiler Wise Dan (Wiseman's Ferry) in der Breeders' Cup Mile (Gr. I) war. Zwischenzeitlich hatte er verletzungsbedingt mehrere Auszeiten genommen. Nach den Belmont Stakes (Gr. I) 2011, wo er über 2400m als Sechster zum bisher einzigen Mal in seiner Karriere nicht Erster oder Zweiter war, pausierte er mehrere Monate wegen einer Fraktur. Im Februar 2012 gab er ein erfolgreiches Comeback, doch konnte sich vor Jahresfrist ein schon damals geplanter Start im Dubai World Cup (Gr. I) nicht realisieren, es gab erneut Probleme. Trainer Graham Motion schaffte es jedoch, ihn für den Breeders' Cup wieder fit zu bekommen.
Kurz nach dem ausgezeichneten zweiten Platz wurde der Dubai World Cup als erneutes Ziel anvisiert, der darauf zielende Start im Gulfstream Park Handicap endete vor einigen Wochen mit einem eher enttäuschenden zweiten Platz, wobei Jockey Joel Rosario wegen seiner Reitweise Kritik einstecken musste. Doch nach erheblichen Diskussionen behielt der aus der Dominikanischen Republik stammende 28jährige den Ritt, steuerte den Sohn von Leroidesanimaux zu einem souveränen Sieg in Meydan. Trotz der Startbox zwölf, nur Kassiano (Soldier Hollow) stand weiter außen und fand denn auch von hinten nie so recht ins Rennen. Auch Animal Kingdom umsegelte den ersten Bogen in dritter Spur, musste manchen Meter mehr als die Konkurrenz galoppieren.
Die Zukunft von Animal Kingdom zumindest auf der Rennbahn ist spannend, denn nach dem Breeders' Cup hatte sich John Messara, Besitzer des australischen Arrowfield Stud, wo auch Redoute's Choice (Danehill) steht, die Majorität der Anteile an dem Pferd gesichert, mit dem Ziel, ihn im Spätsommer 2013 in seinem Gestüt aufzustellen. Die derzeitige Planung zielt auf einen Start zuvor in Royal Ascot, wo die Prince of Wales's Stakes (Gr. I) über 2000m oder die Queen Anne Stakes (Gr. I) über die Meile in Betracht kommen. Messara zeigt sich dieser Idee nicht abgeneigt und sprach auch davon, ihn vielleicht auch noch in Australien laufen zu lassen und auf die Deckperiode 2013 zu verzichten. Er ist Chairman von New South Wales Racing, im kommenden Jahr soll in Sydney erstmals eine Art australischer Breeders' Cup durchgeführt werden. In jedem Fall wird der Hengst in den nächsten Tagen nach England geflogen, wo er im Stall von David Simcock in Lambourn eine Box bezieht, aber natürlich weiterhin in der Obhut von Graham Motion bleiben wird. Ohnehin ist mit Darley inzwischen ein neuer Mitspieler im Boot, denn Scheich Mohammed hat sich zur Wochenmitte in den Hengst eingekauft, mit dem Ziel, ihn in der Nördlichen Hemisphäre als Deckhengst aufzustellen. Gedacht ist aber an Nordamerika, nicht an Europa, womit die Jonabell Farm in Kentucky als künftiger Standort feststehen dürfte. Inwieweit dies Einfluß auf die Rennkarriere hat, ist allerdings noch unklar. Mit der großen Australien-Operation von Darley im Hintergrund wird der Hengst auch dort entsprechende Stuten bekommen.
An einem Tag, an dem die Vertreter der deutschen Zucht nicht viel erben konnten, kam zumindest die Mutter des World Cup-Siegers aus Deutschland. Es ist eine seit Jahren im Gestüt Röttgen blühende Linie, wobei wir schon des Öfteren angemerkt haben, dass es sich heute kaum noch nachzuvollziehen lässt, warum das Gestüt Röttgen im Jahre 1967 eine damals fünf Jahre alte Stute namens Didergö aus Ungarn einführte. Allerdings war zu jener Zeit die ungarische Zucht eine der interessanteren in Europa, in Osteuropa sogar führend. Die Gastspiele der Pferde aus dortigen Ställen waren stets aufmerksam zu verfolgen. So gehörte der mächtige Fuchshengst Imperial (Imi) zu den häufigen Startern in hiesigen Grand Prix-Rennen, gewann etwa 1964 den Großen Hansa-Preis und war im Jahr zuvor Zweiter zu Espresso im Großen Preis von Baden. Er stammte aus dem Gestüt Kisber, Züchter auch von Didergö, ebenfalls von Imi stammend, zwei- bis vierjährig eine Spitzenstute nicht nur in ihrer Heimat, sie lief vierjährig auch in Deutschland und gewann 1966 ein Altersgewichtsrennen über 2000 Meter in München. Tragend von Bontur wurde sie ein Jahr später nach Deutschland exportiert und begründete eine international sehr erfolgreiche Familie, die bis heute in Röttgen in voller Blüte steht. Diese Didergö ist die sechste Mutter von Animal Kingdom.
Der Vater Leroidesanimaux (Candy Stripes) war Championmeiler in Brasilien, wechselte dann später in die USA, wo er drei Gr. I-Rennen auf Distanzen zwischen 1600 und 1800 Meter gewann. Er steht zu einer Decktaxe von $25.000 in Stonewall/Florida, Animal Kingdom stammt aus seinem zweiten Jahrgang. Die Mutter Dalicia wurde von Peter Rau für Carlton Consultants trainiert, das war der rennsportliche Deckname von Erika Alice Bass von der Kanalinsel Jersey. 2005 löste sie Rennstall und Zucht in Deutschland auf, die Pferde gingen zur Versteigerung, Dalicia wurde in Baden-Baden bei der BBAG-Herbstauktion angeboten. Sie musste ein interessantes Pferd sein, dreijährig hatte sie das Auktionsrennen in Hannover gewonnen, vierjährig als 214:10-Außenseiterin den Preis der Sparkassen-Finanzgruppe (Gr. III) in Iffezheim gegen Soldier Hollow (In The Wings). Nach ihrem Verkauf, für 400.000 € über die BBA Germany an Team Valor, wechselte sie in die USA, wo sie für Trainer Neil Drysdale 63.000 $ verdiente, ein Rennen gewann und Vierte im Beverly Hills Handicap (Gr. II) war. Animal Kingdom war ihr Erstling, er ging auf die Auktion nach Keeneland, wo er für 100.000 $ an ein neu gebildetes Team Valor-Syndikat verkauft wurde. Ein 2009 geborener Mr. Greeley-Sohn stand gleichfalls in Team Valor-Besitz, blieb aber sieglos. Dalicia ist inzwischen in der Herde der Shadai Farm in Japan. Sie wurde tragend von Mr. Greeley 2009 für 230.000 gns. bei Tattersalls nach Japan verkauft, heraus kam New Kingdom, der bisher platziert gelaufen ist, letztes Wochenende noch Vierter war. Es folgen Hengste von Neo Universe und Heart's Cry, in Kürze fohlt Dalicia von Deep Impact ab.
Die nächste Mutter Dynamis (Dancing Brave), die noch vom Gestüt Röttgen gezogen wurde, vertrat nur bescheidene Klasse. Sie lief in England 18mal, blieb aber sieglos, zunächst in den Farben von Scheich Ahmed Al Maktoum, später in denen der Familie Bass. Sie wurde von ihr in die Zucht genommen, brachte fünf Fohlen, ausschließlich Stuten. Dalicia war die Beste, ihre rechte Schwester Darwinia hat Daveron (Black Sam Bellamy) gebracht, Listensiegerin in Deutschland und Gr. III-Siegerin in den USA. 2011 wurde sie für $750.000 in Keeneland an Live Oak Plantation verkauft. Darwinia steht unverändert im Besitz von Erika Alice Bass, die noch mehrere Stuten im englischen Fox Farm Stud hat. Es gibt von ihr noch junge Hengste von Motivator und Black Sam Bellamy, eine Jährlingsstute ist von Rail Link, in den nächsten Tagen kommt ein Fohlen von Poet's Voice zur Welt.
Weitere Geschwister von Dalicia sind die fünffache Siegerin Decollete (Formidable), in der Zucht bisher noch ohne Fortune, die zweimal erfolgreiche Dianella (Bin Ajwaad), Mutterstute in Dänemark, sowie die nie gelaufene Delibes (Goofalik). Dynamis wurde bei der December Sale 2002 in Newmarket über die BBA Germany an das Gestüt Wolgogradski nach Russland verkauft.